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1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 208

1913 - Leipzig : Hahn
203 Das war unser erster Besuch an der Börse, mit dem wir uns be- gnügen wollen. Von dem einen Besuch aber möge der Leser, der ihn im Geiste mitgemacht hat, den festen Vorsatz mitnehmen, nicht an der Börse zu spielen, das heißt zu spekulieren. Das Spekulieren ist viel schlimmer als Monaco und für den Spekulanten, der nicht täglich an die Börse geht, geradezu eine Narrheit. osu« m°ußm°nn. 92. Das Reisen sonst und jetzt. Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts verstand es sich ganz von selber, daß es jedem guten Bürger, der seinen Heimatort einmal auf einige Tage verlassen und eine Reise antreten mußte, höchst vernünftig vorkam, hierzu die Erlaubnis der hohen Behörde nachzusuchen und sich von ihr einen recht hübsch gedruckten und wohlgestempelten Bogen auszubitten, den mau Reisepaß nannte. Darin stand denn angemerkt, daß der gute Bürger ein ganz ordentlicher, anständiger Mensch sei, der die Erlaubnis erhalten habe, innerhalb einer genau angegebenen Zeit eine Reise nach Dingskirchen zu machen. Sehr gewissenhaft war auch darin der „Zweck der Reise" notiert; denn die Behörde mußte doch wissen, weshalb ein guter Bürger zu dem sonderbaren Entschluß gekommen sei, sich von seinem Heimatort zu entfernen. Um jede Verwechselung zu vermeiden, wurde sorgsam sein Name, sein Geburtsort, sein Alter, seine Statur, sein Aussehen von Kopf bis Fuß in dem Druckbogen verzeichnet; selbst die Warze auf der Wange, das Schielen mit einem oder mit beiden Augen und andere „besondere Kennzeichen" wurden von dem gewissenhaften Beamten angemerkt. Die Dienstfertigkeit der Behörden war oft so groß, daß es unter günstigen Umständen schon vierundzwanzig Stunden nach seinem Gesuch um einen Paß einem guten Bürger möglich wurde, seine Reise anzutreten. Wenn er dann mit seinem guten Fuhrwerk ganze acht Meilen den Tag über zurückgelegt hatte und am Abend seinen Paß am Tor der fremden Stadt der Polizeiwache vorzeigte, nachdem er bloß zweimal auf der Land- straße von Gendarmen angehalten worden war, um sich zu legitimieren, so pries er Gott für den Segen, in einem zivilisierten Staate zu wohnen, und schlief im Gasthof mit dem schönen Bewußtsein ein, daß er trotz der weiten Entfernung von der Heimat geborgen sei, weil das Auge der Obrigkeit über ihm wache. Im zweiten Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts kam die Fahrpost auf, die nicht bloß am Tage, sondern auch nachts sechs mit Pässen wohl legitimierte Passagiere im Hauptwagen und zuweilen — wenn die Reise- lust sehr groß war — in einem oder gar zwei Beiwagen je vier Passa- giere in die Welt hinaus beförderte. Ja, es gab Tage, wo die Post- halter in den kleinen Städten auf der Hauptstraße des Reiseverkehrs erschreckt und überrascht wurden durch drei Beiwagen, die weiter befördert werden mußten. Aber die gute Ordnung unseres Staatswesens half auch in solch außerordentlichen Fällen über alle Verlegenheiten der Posthalter

2. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 241

1913 - Leipzig : Hahn
241 in brauchbarem Zustande. Sein Haus lag völlig in Trümmern, und an die Fortführung seines Gewerbes konnte er vorerst nicht denken. Trotzdem durfte er mit geringerer Sorge in die Zukunft schauen; denn er hatte sein Haus und seine bewegliche Habe bei einer Feuerverficherungsgesellschaft versichert, und schon wenige Tage nach dem Brandunglück erschienen zwei Beamte dieser Gesellschaft, um den Schaden festzustellen, den Meister Schulten erlitten hatte. Sie sahen bald ein, daß das Haus neu aus- geführt werden mußte; deshalb schätzten sie den Wert der in den Trümmern vorhandenen Baustoffe ab und rechneten diesen Betrag auf die Enl- schädigungssumme an, die bald nachher dem Bäckermeister ausgezahlt wurde. Alsbald ging dieser au den Wiederaufbau seines Hauses. Sein Baumeister redete ihm jedoch zu, einen größeren Bau aufzuführen, als der frühere gewesen war; denn bei dem Aufblühen der Stadt seien gute Wohnungen gesucht, und so werde ihm aus den Mieten eine hübsche Einnahme erwachsen. Dem Bauherrn leuchtete dies wohl ein; indessen rechnete er dem Baumeister vor, daß die Brandentschädigung die Bau- kosten nicht decken würde, selbst wenn er seine Sparkasseneinlage hinzu- nähme; zudem sei er für seinen und seiner Familie Unterhalt auf seine Ersparnisse so lange angewiesen, bis er sein Gewerbe wieder betreiben könne. Hiergegen konnte der Baumeister nichts einwenden, machte jedoch den Vorschlag, die fehlende Summe bei der städtischen Sparkasse als Hypothek aufzunehmen. Schulten sah den Baumeister ungläubig an: „Bei der Sparkaffe leihen?" sagte er, „eher leihe ich doch der Sparkaffe, wenn ich ihr meine Ersparnisse bringe." „Bedenken Sie doch, Meister," erwiderte der Baumeister, „woher soll denn die Sparkasse die Zinsen nehmen, die sie den Inhabern der Sparkaffenbücher gewährt? Sie muß eben die ihr anvertrauten Gelder verleihen, aber gegen hohe Sicherheit und gegen einen höheren Zinsfuß als den von ihr gewährten. Ihre Beamten wollen doch auch leben; ihre großen Geldschräuke wollen bezahlt sein, und einen für unvorhergesehene Fälle ausreichenden Reservefonds muß sie auch sammeln. Sie wird also für die Hypothek auf den Neubau 4 bis 41/, Prozent Zinsen verlangen; dafür sind Sie aber auch ziemlich sicher, daß Ihnen das Geld nicht gekündigt wird, wofern Sie die Zinsen pünktlich bezahlen." Der Meister befolgte den guten Rat; bald stieg der Neubau in die Höhe, und nach einigen Monaten konnte Schulten seine Freunde zum Richtfest einladen. Auch der arme Burkhard war zugegen. „Ich Tor!" ries er im Laufe des Gesprächs aus, „warum habe ich eure früheren Ermahnungen in den Wind geschlagen! Ein jährliches Opfer von wenigen Groschen, und ich wäre jetzt nicht in einer so traurigen Lage! Beinahe möchte ich mein Glück einmal bei der Lotterie versuchen; denn sonst werde ich wohl nie mehr in eigener Werkstatt arbeiten!" „Dazu kann vielleicht doch noch Rat werden," versetzte der biedere Schmied,. „und ich will dir nach Kräften behilflich sein; nur schlag dir die Lotterie aus dem Sinne; denn die ist schon manchem zum Unheil ausgeschlagen, und »Hoffen und Harren macht manchen zum Narren.« Du hast ja auch das Sparen gelernt, Freund Burkhard, und wirst das Lesebuch s. Fürrbildungsschulen rc. Allg. Teil. Kj

3. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 251

1913 - Leipzig : Hahn
Blökend ziehen heim die Schafe, und der Rinder breitgestirnte, glatte Scharen kommen brüllend, die gewohnten Ställe füllend. Schwer herein schwankt der wagen, kornbeladen; bunt von Farben, auf den Garben liegt der Kranz, und das junge Volk der Schnitter fliegt zum Tanz. Markt und Straßen werden stiller; um des Lichts gefell'ge Flamme sammeln sich die Pausbewohner, und das Stadttor schließt sich knarrend. Schwarz bedecket sich die Erde; doch den sichern Börger schrecket nicht die Nacht, die den Bösen gräßlich wecket; denn das Auge des Gesetzes wacht. peil'ge Drdnung, segensreiche pimmetstochter, die das Gleiche frei und leicht und freudig bindet, die der Städte Bau gegründet, die herein von den Gefilden rief den ungesell'gen wilden, eintrat in der Menschen Kütten, sie gewöhnt zu sanften Sitten und das teuerste der Bande wob, den Trieb zum vaterlande! Tausend fleiß'ge pände regen, Helsen sich in munterm Bund, und in feurigem Bewegen werden alle Kräfte kund. Meister rührt sich und Geselle in der Freiheit heil'gem Schutz; jeder freut sich seiner Stelle, bietet dem Verächter Trutz. Arbeit ist des Bürgers Zierde, Segen ist der Mühe preis; ehrt den König seine würde, ehret uns der pände Fleiß. Polder Friede, süße Eintracht, weilet, weilet freundlich über dieser Stadt! Möge nie der Tag erscheinen, wo des rauhen Krieges porden dieses stille Tal durchtoben; wo der Pimmel, den des Abends sanfte Röte lieblich malt, von der Dörfer, von der Städte wildem Brande schrecklich strahlt! Schiller. 110. Joachim Uettelbeck. Joachim Nettelbeck, ein treuer Bürger seiner engeren Heimat, btt Stadt Kolberg, wie des gesamten deutschen Vaterlandes, war ein leuchtendes Vorbild der Vaterlandsliebe, Opferwilligkeit und Entschlossenheit. Das folgende Stück aus seiner Selbstbiographie zeigt ihn uns als aufopfernden Bürger, der die Kirche seiner Vaterstadt rettet: Das Jahr 1776 kam heran und fand mich als Lehrer in der Steuermannskunst in Kolberg, wobei ich mich, da ich tüchtige und lern- begierige Schüler hatte, immer noch in meinem angemessensten Elemente befand. Auch im Winter 1777 trieb ich diese nützliche, wenn auch nicht eben sonderlich einträgliche Beschäftigung. Am 28. April dieses Jahres stand ich hier in Kolberg etwa um die Mittagszeit eines abzumachenden Geschäfts wegen beim Herrn Advokat Krohn am Fenster, als mitten in unser Plaudern plötzlich ein ganz er- schrecklicher Donnerschlag geschah, sodaß jener vor Schrecken neben mir niederstürzte und wie ohne Leben und Besinnung schien. In der Tat glaubte ich auch nichts gewisser, als daß er von dem Blitzstrahl getroffen worden, bis mein Rütteln und Schütteln ihn endlich doch wieder auf die Beine brachte. „Wo hat es eingeschlagen?" fragte er immer noch hoch bestürzt. — „Ich hoffe nirgends", war meine Gegenrede, „oder mindestens

4. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 303

1913 - Leipzig : Hahn
303 und Zeitvertreib gebildet hatten. Nach dem Tode der Mutter erbte Heine ein Grundstück, das nicht weit von der Stelle gelegen war, Ws Pleiße und Elster sich schwesterlich umarmen. Es besaß fteilich trotz seiner günstigen Lage vor den Toren Leipzigs nur einen verhältnismäßig geringen Wert. Gehörte es doch zu jenem großen, unfruchtbaren, der menschlichen Gesundheit nachteiligen, sumpfigen Gebiete, das sich einst vom Westen der Stadtmauer aus bis in die benachbarten Dörfer erstreckte, zu einem Gebiete, dessen zahlreiche Lachen und Tümpel von Fröschen und Unken bevölkert wurden. Werte aber aus nichts zu schaffen, das ist das Ziel jedes findigen Kopfes und jeder tätigen Hand. Auch unser Heine war bestrebt, den Wert des Erbes zu erhöhen, aus Ödland Kulturboden zu gewinnen. Ließ doch gerade damals die wachsende Großstadt neue Ideen über Vergrößerung der Stadt in den Köpfen der weitschauenden Bürger reisen. — Da galt es vor allem, die Ursachen der Versumpfung des Bodens abzustellen, die benachbarten Flußläufe, deren Hochfluten all- jährlich Überschwemmungen brachten, zu regulieren, Schutzdämme aufzu- richten, Entwässerungskanäle anzulegen, also Arbeiten auszuführen, dis neben gewaltigen Opfern an Zeit und Geld auch ein hohes Maß zäher Tatkraft und Ausdauer erforderten. Mußte doch z. B. sogar eine mächtige eiserne Schleuse unter dem Grunde der Elster hinweggeftihrt werden. Der Erfolg krönte die Beharrlichkeit. Bald waren weite Flächen trocken gelegt. Wiesen, die vorher um billiges Geld feil waren, bekamen schnell einen zehn- und zwanzigfachen Wert. Die Stadt selbst hatte bald einen Nutzen von mehreren Millionen Mark infolge Heines Tätigkeit. Zuin Auffüllen des sumpfigen Areals bedurfte er mehrerer Millionen Kubik- meter guten, trockenen Erdreiches. Er fand es im benachbarten Plagwitz auf einem hochgelegenen Terrain, das dazu noch den großen Vorteil bot, daß man es nach Austiefung der Elster bequem mit dem Kahne erreichen konnte. Noch heute bietet es ja ein anziehendes Bild inmitten unserer Stadt, Venn ein kleiner Dampfer mit mächtigen, beladenen Booten zwischen grünen Wiesenflächen auf der Elster dahingleitet. Und gar manchem mag bei diesem Anblicke das alte Scherzlied von der „großen Seestadt Leipzig" in den Sinn kommen. Der Gedanke aber, den hier der Humor zum Ausdrucke bringt, war unserm Heine voller Ermst. Die billige Beförderung des nötigen Füllmaterials überzeugte ihn ja täglich von der großen Be- deutung natürlicher und künstlicher Wasserstraßen für Handel und Wandel. „Der Entwickelung jeder Stadt sind engere Grenzen gezogen, sofern sie eine Wasserstraße nicht besitzt," so lautete eins der Worte, mit denen Heine die Bürger Leipzigs für sein geplantes Riesenunternehmen zu ge- winnen suchte, nämlich für die Erbauung eines Elster-Saale-Kanals. Zu dem einen Ziele, der Verwandlung der Sumpsstrecken in bauwürdiges Land, hatte sich nun ein anderes, größeres und schwierigeres gesellt. Heine traf auf diese Weise gewissermaßen zwei Fliegen mit einem Schlage. Je mehr Füllmaterial gebraucht wurde, desto weiter schritt zugleich der Kanalbau vorwärts. Um einen Hafen zu bekommen, baute Heine eine Stadt, die ganze westliche Vorstadt, die man deshalb „Heinestadt" nennen könnte.

5. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 158

1913 - Leipzig : Hahn
158 gerät u. dgl. empfingen, sondern auf besonderen Hufen angesiedelt waren und jene Lebensbedürfnisse selbst zu beschaffen hatten. In der Folge griff dann die Kundenarbeit der Fronhofshandwerker über die Schranken der grundherrlichen Wirtschaft hinaus. Einzelne erreichten wohl gar, daß ihnen die Teilnahme am Marktverkehr gegönnt wurde. Das Handwerk hat in diesem Zeitraum entschieden Fortschritte gemacht. Es hat aufgehört, bloßer landwirtschaftlicher Nebenberuf zu sein, es hat infolge beginnender Arbeitsteilung neben der Landwirtschaft eine gewisse selbständige Bedeutung gewonnen und sich in technischer Be- ziehung vervollkommnet. Aber noch immer erscheint es an ländliche und naturalwirtschaftliche Verhältnisse gebunden. Noch immer wird Ware um Ware getauscht. Von einem durch Geld als allgemeinen Wertmesser vermittelten Güteraustausch sind nur die ersten Ansätze zu bemerken. Mithin entbehrte das gewerbliche Leben noch zweier Haupt- bedingungen für freiere und reichere Entfaltung: es fehlte der Geld- verkehr, und es gebrach an dauernden und sicheren Mittelpunkten des Handels und Wandels. Erst nach dem Übergang von der Naturalwirtschaft zur Geldwirtschaft, erst durch die Entwicklung städtischen Lebens konnte das Handwerk zu voller Blüte gelangen. vr. ®. etto. 73. Nürnbergs Kunstmerkwürdigkeiten. Ein Besucher des mittelalterlichen Nürnberg erzählt: Der Schenkwirt zur Goldenen Rose wies mir eine Treppe hoch ein heiteres Eckzimmer an. „Hier vor Euch, werter Herr, seht Ihr die Sebalduskirche und hier zur Seite das Rathaus, die beiden vor- nehmsten Gebäude der Stadt." So sprach der N)irt, der mit einer behaglichen Mohlbeleibtheit ein ruhiges und gemächliches ldesen ver- band. Aaum hatte ich einige Erquickungen zu mir genommen und den Staub von meinen Füßen geschüttelt, so verließ ich schon die Schenke. Längs des Rathauses ging ich in die gerade Straße und gelangte auf den großen Marienplatz, der etwa mitten inne zwischen jener Airche und der des heiligen Lorenz sich befindet. Aaum betrat ich den Markt, so fesselte meinen Blick der schön sie Brunnen, den es geben mag. Ein zierliches Türmchen von ansehnlicher Höhe mit tausend Bogen und Giebeln, kunstreich durchbrochen, umringt von vielen Bildsäulen, ragte stattlich über dem Becken empor. Die Bildsäulen schienen lauter Heldengestalten zu sein, von denen manche der Aurfürstenmantel schmückte. Als ich vor dem Brunnen stand, gesellte sich ein junger, hübsch gekleideter Mann zu mir. Der Jüngling hieß jdaumgärtner und war Albrecht Dürers Freund. Als ich ihn fragte, wer dieses Aunstwerk verfertigt hätte, zeigte er mir auf der Rüstung einer Bildsäule, die Karl Iv. darstellte, den Namen Schonhofer. „Das ist ein alter Meister," sagte er, „von dem man sonst nichts weiß." „Man weiß genug von ihm," erwiderte ich, „wenn man den Brunnen gesehen hat."

6. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 274

1913 - Leipzig : Hahn
274 Truppen mehr nach Norden, um das Dorf Roncourt anzugreifen. Mafor von Bosse nahm dieses Dorf mit dem Regiment Nr. 107, und nun erst war es möglich, das ganze Korps gegen St. Privat aufzustellen und zum Angriff vorzugehen. Vor diesem Dorf zeigte sich ein kahler, sanft ansteigender Hang, über den sich quer hintereinander liegende Feld- mauern zogen, die von französischer Infanterie stark besetzt waren. Die Franzosen empfingen die Anstürmenden mit Massenfeuer, das die Deutschen reihenweise niederstreckte. Einen Augenblick wankten die stark gelichteten Reihen; aber unter dem ermunternden Zurufe der Offiziere wurde der Anlauf sogleich wieder fortgesetzt. Bis zum letzten Augenblicke hielt der tapfere Feind stand, dann aber räumte er die Stellung. Die sächsischen Bataillone sammelten sich hier nach einem 500 Schritt langen Sturmlaufe, um Atem zu schöpfen; denn noch waren sie 300 Schritt vom eigentlichen Ziel entfernt. Kronprinz Albert hatte hinter den Stürmenden 84 Kanonen auffahren laffen, welche, mit 60 preußischen Kanonen vereint, St. Privat unter Feuer nahmen. Mauern und Gebäude stürzten unter den einschlagenden Granaten zusammen, und Feuersäulen stiegen an mehreren Stellen aus den Trümmern des Dorfes empor. Da erließen die deutschen Führer den Befehl zum Sturm. Auf das gegebene Zeichen werfen sich bei untergehender Sonne die preußischen und sächsischen Bataillone auf das so lang und zäh ver- teidigte Bollwerk des Feindes. Überall rufen die Trommeln und Hörner zum Laufschritt, die voraneilenden Offiziere und die wehenden Fahnen, von denen einige ihre Träger schon fünfmal gewechselt haben, zeigen der Mannschaft den Weg, und fast gleichzeitig erreichen im Norden und Nordwesten die Sachsen, im Westen und Süden die Garden das brennende Dorf. Da entbrennt ein fürchterlicher Kampf. General von Craushaar fällt an der Spitze seiner Truppen, nur wenige Führer bleiben unversehrt; endlich wird die Kirche erstürmt, und um 8 Uhr abends sind die Deutschen Sieger. Mit der Einnahme von St. Privat war die Niederlage der Franzosen auf dieser Stelle entschieden. In Auflösung eilten sie dein Moseltale zu und schloffen sich in die Festungswerke von Metz ein, die sie nur als Gefangene wieder verließen. Das Xii. Korps hatte seinen Ehrentag mit dem Verluste von 106 Offizieren und 2113 Mann erkauft, die teils verwundet, teils getötet waren. Wie die Sachsen bei Gravelotte den preußischen Garden zur Seite standen, so zeigten sie sich bei Sedan den Bayern als treffliche Helfer. Über La Moncelle rückten sie vor, vertrieben hier den Feind und lenkten die Angriffe der Franzosen, welche Bazeilles bedrängten, auf sich. Der Feiud leistete heftigen Widerstand; aber der ungestümen Tapferkeit der nebeneinander kämpfenden Bayern, Sachsen und preußischen Garden konnte er nicht widerstehen; die Franzosen waren genötigt, sich nach Sedan zu flüchten. Infolge seiner großen Verdienste schmückte König Wilhelm den tapferen Kronprinzen mit der höchsten militärischen Würde: Kronprinz Friedrich Wilhelm, Kronprinz Albert und Prinz Friedrich Karl wurden Feldmarschälle des deutschen Bundesheeres. Bei der Belagerung von Paris befehligte Kronprinz Albert die Hi. Armee.

7. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 299

1913 - Leipzig : Hahn
269 131. Die Handelsstadt Leipzig. Seit König Heinrichs I. Zeiten kamen deutsche Ansiedler auch in die Leipziger Gegend, und es entwickelte sich das bisher von Sorbenwenden be- wohnte Fischerdorf Lipsk nach und nach zur deutschen Stadt. Handwerker ließen sich hier nieder und tauschten bald die Erzeugnisse ihrer Arbeit mit ihren Nachbarn aus. Wegen seiner günstigen Lage in der Mitte Deutsch- lands und der sicheren Heerstraßen, die hier mündeten, wurde Leipzig schon frühzeitig zu einem namhaften Mittelpunkte des Handelsverkehrs. Aus allen Gegenden des deutschen Vaterlandes führten die Lastwagen Waren herbei, die auf den Markt zu Leipzig gebracht wurden. Getreide, feine Gewürze, Häute, Tuch- und Pelzwaren wurden hier gekauft und verkauft. So gab es in Leipzig bald eine große Zahl reicher Kauf- und Handelsherren. Auf dem Markte wurden die Waren ausgelegt, und zu diesen Märkten kamen die Käufer und Verkäufer aus weiter Ferne. Nach Beendigung des Gottesdienstes oder der Messe durfte der Handel abgehalten werden, den man ebenfalls kurzweg Messe nannte. Eine außerordentliche Förderung ward Leipzig durch den Markgrafen Otto den Reichen zuteil; denn dieser ließ es nicht nur mit allen Rechten einer Stadt ausstatten, sondern auch mit festen Mauern und tiefen Stadtgräben umgeben und setzte es dadurch in den Stand, sich gegen anrückende Feinde mit Erfolg verteidigen zu können. Segensreicher noch als diese Vergünstigung erwies sich die Gründung der Oster- und Michaelis messe durch diesen Fürsten um das Jahr 1168. Damit zu diesen Messen möglichst viele Käufer und Verkäufer kämen, bestimmte er, daß im Umkreise von einer Meile überhaupt keine anderen Märkte abgehalten werden durften. Im Jahre 1458 gründete Friedrich der Sanftmütige noch die Neujahrsmesse, die jedoch niemals die Bedeutung erlangte wie die schon 300 Jahre früher ins Leben gerufenen übrigen Messen. Auch die deutschen Kaiser unterstützten Leipzigs Handel. So erließ Maximilian I. im Jahre 1507 ein Gesetz, nach dem innerhalb eines Kreises von 15 Meilen kein Jahrmarkt, keine Messe oder Niederlage gehalten werden durfte, ja, daß alle in diesem Umkreise erzeugten Waren zuerst nach Leipzig gebracht und hier drei Tage lang feilgeboten werden mußten, ehe sie anderswo verkauft werden dursten. Nauniburg, das da- durch sein Meßrecht verlor, es aber mit Hilfe der Bischöfe weiter aus- zuüben suchte, kam gegen Leipzig nicht aus, da schließlich aus Ansuchen des Leipziger Stadtrats sogar der Papst Leo X. bestimmte, daß mit dem Kirchenbanne belegt werden sollte, wer gegen das kaiserliche Gebot handeln würde. Durch dieses Stapelrecht hob sich Leipzigs Handel ganz gewaltig, und die Höfe und Geschäftshäuser steckten zur Zeit der Messen so voll Waren, daß oft kein Platz mehr für neu ankommende Güter vorhanden war. Als im Mittelalter, namentlich in der „kaiserlosen, schrecklichen Zeit", die Landstraßen durch die Raubritter unsicher gemacht und die Kaufleute abgehalten wurden, ihre Waren öffentlich nach den Handelsstädten zu dringen, litt natürlich auch Leipzig darunter. Aber auch hier half ein

8. Teil 1 - S. 23

1915 - Berlin : Heymann
Ii. Unser Heer. von L. Rarwiese, Major im Rriegsministerium. A. Die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht. Hunderttausende von Deutschen, die im Vorjahre die feiern zur Er- innerung an den Beginn der Befreiungskriege in der Heimat miterlebt haben, folgen heute auf Frankreichs Boden den Spuren ihrer siegreichen Väter und Vorväter, um, im Hochgefühl der Einheit unseres Volkes kämpfend, zu siegen oder zu sterben. Zene drei glorreichen Zahre, in denen sich Deutschland von der Napo- leonischen Fremdherrschaft befreite, folgten fast unmittelbar dem schmach- vollen Untergang des in Ohnmacht und Zersplitterung morsch gewordenen alten „Römischen Reichs Deutscher Nation". Aber während dieses Reich noch in den Todeszuckungen lag, wurde in Preußen, dem deutschen Staat, auf dem die Wucht der Ereignisse an: schwersten gelastet hatte, durch zwei Männer der Grund für eine neue Zu- kunft gelegt: Stein und Scharnhorst. wie jener durch die „Ordnung für sämtliche Städte der Monarchie" vom 19. November 1808 ein freies städtisches Gemeinwesen und damit aus den Bewohnern Staatsbürger schuf, so gab Scharnhorst Preußen eine militärische Organisation, die Preußen-Deutschland sich durch ein Jahr- hundert als herrlichstes Kleinod jener Zeit bewahrt hat. Nicht mehr den Sonderinteressen einer Dynastie oder einer Regierung sollte das Heer dienen. Zeder Staatsbürger hatte fortan die Pflicht, als Soldat zur Verteidigung des Vaterlandes zu dienen. Klar und deutlich sprachen es die Kriegsartikel vom z. August 1808 aus, „daß künftig jeder Untertan des Staates ohne Unterschied der Geburt zum Kriegsdienst ver- pflichtet werden soll," den die Kriegsartikel „den hohen Beruf und die Pflicht aller, als Söhne des Vaterlandes dasselbe zu beschützen und zu verteidigen" nennen. So ist der ehemals von Bauern und Städtern ver- achtete Soldatenrock als des Königs Rock zun: Ehrenkleide für beide ge- worden.

9. Deutschlands Hauptverkehrsländer - S. 54

1906 - Berlin : Mittler
54 — Davon wohnt nur ein gutes Drittel in Städten;*) auf 1 qkm wohnen 72 Menschen. Am gedrängtesten sitzt die Bevölkerung in dem industrie- reicheren Norden und in der Umgebung von Lyon (300 auf 1 qkm). Schwache Bevölkerung zeigen die Westalpen und die Cevennen (20) und die Heidegegend der Landes (etwa 30). Eine Stadt (Paris) hat fast 3 Millionen Einwohner, zwei Städte (Lyon und Marseille) haben etwa x/2 Million, zehn Städte über 100 000 und zwanzig über 50 000 Einwohner. (In Deutschland besitzen 33 Städte über 100 000 Ein- wohner.) Bodengestalt und Gliederung. Die Bodengestalt Frank- reichs zeigt eine große Mannigfaltigkeit. An der Südost- und Südwestgrenze erheben sich die gewaltigen Hochgebirge der Westalpen bzw. der Pyrenäen. Den Osten und Südosten der inneren Landschaft füllen die französischen Mittelgebirge**) aus, die das westlichste Glied der großen Mittelgebirgskette bilden, welche mit den Sudeten im Osten Deutschlands beginnt und die Alpen im großen Bogen umspannt. Der Norden und Westen wird vorwiegend von dem fran- zösischen Tieflande gebildet, das zwei Drittel Frankreichs um- faßt und fast nirgends über 200 m emporsteigt. Nur in der Bretagne und Normandie erheben sich aus dem Tieflande 400 m hohe Berglandschaften. Das französische Tiefland wird von drei großen Strömen (Garonne, Loire und Seine) mit zahlreichen Nebenflüssen durch- zogen und gliedert sich in das Garonne- und das Seine-Loire- becken (auch Pariser Becken). Zu diesen tritt als drittes das Rhônebecken im Südosten. Geologisches. In den abgetragenen Erhebungen der Bretagne und Mittelf rankreich s, sowie in manchen Teilen der Alpen und der Pyrenäen liegen außer kristallinischem Gestein *) Dennoch ist Frankreich ein sehr städtereiches Land; denn jede Ortschaft mit über 2000 Einwohnern wird als Stadt bezeichnet. **) Das französische Mittelgebirge beginnt im Süden, wo es am höchsten ist, mit dem Zuge der Cevennen. Daran schließen sich, einem nach Süd- osten offenen Bogen folgend: Das Charolais-Gebirge (bis zum Canal du Centre), die Côte d'or (d. h. Goldhügel, bis zum Kanal von Burgund), das Plateau von Langres (bis zur Seinequelle) und die Sichelberge (bis zur Moselquelle). Zwischen Loire und Allier hegt das Forezgebirge und west- lich hiervon das wüste Hochland der Auvergne.
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